Sparpläne der Ampelkoalition: Jede 4. Freiwilligendienststelle auf der Kippe

KFWDAktuellesSparpläne der Ampelkoalition: Jede 4. Freiwilligendienststelle auf der Kippe

Die Bundeshaushaltspläne für 2024 verheißen für die Zukunft des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) und des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) nichts Gutes. „Aufgrund der angedachten Kürzungen von ca. 25% der finanziellen Förderung der beiden Dienstformate, wird in der Zukunft jede vierte Stelle entfallen“, so Frank Tönnies als Geschäftsführer der „Katholische Freiwilligendienste im Oldenburger Land gGmbH“ (kfwd).
Den aktuellen Haushaltplanungen zufolge sollen dem Bundesfamilienministerium im kommenden Jahr 78 Millionen Euro weniger für die Freiwilligendienste zur Verfügung stehen als 2023 – ein Minus von knapp 24 Prozent. Für 2025 sind weitere Einschnitte vorgesehen. Dies steht im krassen Gegensatz zum Koalitionsvertrag von 2021, in dem es heißt: „Die Plätze in den Freiwilligendiensten werden wir nachfragegerecht ausbauen und das Taschengeld erhöhen.“
Sie sind die helfende Hand und das offene Ohr für Menschen im Krankenhaus, Altenheim oder der Tagespflege. Sie unterstützen Menschen mit einer Beeinträchtigung in der Werkstatt oder Wohnheim. Sie organisieren Spiele und leisten wertvolle Begleitungsarbeit in Kitas und Schulen: Für rund 300 meist junge Menschen bietet die kfwd gemeinsam mit den Einsatzstellen einen Platz im Freiwilligendienst an.
Doch wenn die aktuellen Kürzungspläne der Bundesregierung Realität werden, droht mindestens jeder vierten Freiwilligendienststelle das Aus – nicht nur in Begleitung der kfwd, sondern bundesweit. Bundesweit sind ca. 90.000 Menschen in einem Freiwilligendienst aktiv. Sei es im Bereich Soziales, Ökologie, Sport, Kultur oder Politik
In einem Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Silvia Breher haben Dr. Gerhard Tepe (Landes-Caritasverband) und Stefan Riedmann (Bund der Deutschen Katholische Jugend) als Gesellschafter sowie Andreas Wieborg (Vorstand Caritas-Verein Altenoythe) gemeinsam mit Tönnies auf die Konsequenzen und auch die Signalwirkung an die junge Generation dieser geplanten Kürzungen hingewiesen.
„Die Option Freiwilligendienst als persönliches Orientierungsjahr als Angebot zu reduzieren, ist ein fatales Zeichen Richtung der Jugend, die in Corona-Zeiten außerordentlich eingeschränkt ihrem Leben nachgehen konnte“, so Riedmann, der als Vertreter der Jugendverbände für die Hauptzielgruppen eintritt.
In den Einsatzstellen erhalten die Freiwilligen einen Einblick in die soziale Arbeitswelt und treten – womöglich erstmals – in Kontakt mit Menschen, die Unterstützung benötigen. Diese Begegnungen bereichern die Freiwilligen persönlich und führen oftmals auch dazu, die berufliche Orientierung neu in Blick zu nehmen. „Nicht selten, lernen wir auch durch den Freiwilligendienst in unseren Einrichtungen, unsere zukünftigen Mitarbeitenden kennen“, so führt Wieborg auch Aspekt an. Die vielen jungen Männer und Frauen, die nach einem FSJ oder BFD eine Ausbildung in den Mangelberufen der Alten- und Krankenpflege oder in anderen sozialen Bereichen beginnen, seien nur eine von vielen sehr konkreten positiven Auswirkungen, die die Freiwilligendienste auch langfristig für die Gesellschaft bedeuteten. Und selbst wer nach einem halben oder ganzen Jahr im Freiwilligendienst nicht eine Pflegeausbildung oder ein Pädagogikstudium startet, sammelt nach der jahrelangen Schulausbildung wichtige erste Arbeitserfahrungen. „Viele der Freiwilligen nutzen den Dienst, um nach der Schule Orientierung für sich und ihr weiteres Leben zu finden und sinnvoll Zeit zu überbrücken“, sagt Tönnies. Dabei hilft der Austausch mit den Mitarbeitenden in den Einsatzstellen und auch mit anderen Freiwilligen in den Seminaren, die die kfwd durchführen.
Für Tönnies sind die nun geplanten Einschnitte völlig unverständlich: „Unsere Gesellschaft braucht keine Kürzungen, sondern eine deutliche Stärkung der Freiwilligendienste“, appelliert er. Nicht nur für die zu begleitenden Menschen sind die jungen Freiwilligen wichtige Kontaktpersonen, die die Arbeit der pädagogischen, pflegerischen oder medizinischen Profis ergänzen.  „Vor allem die Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst profitieren so stark von einem Freiwilligendienst und für die Gesellschaft ist es eine gewinnbringende Investition in die Zukunft, sodass wir es uns nicht leisten können, auf diesen wichtigen Einsatz für junge Menschen jährlich zu verzichten“, so Tepe.
Die Bundestagsabgeordnete Breher, die das Thema der Freiwilligendienste als familienpolitische Sprecherin der CDU im Bundestag besetzt, drückt auch bei allem Verständnis für die Haushaltssituation Ihr Unverständnis aus. „Im Freiwilligendienst sammeln junge Menschen in täglich neuen Situationen, im Einsatz für andere, wertvolle Erfahrungen für ihr Leben. Damit leisten sie einen tollen Beitrag für die Gesellschaft. Dies gilt es zu stärken, zu verstetigen und nicht einzudämmen“, so unterstützt sie das Ansinnen der Träger der Freiwilligendienste in Deutschland und erkennt damit auch die wertvolle Arbeit an.
Die kfwd wird gemeinsam vom Land-Caritasverband e.V. und dem Jugendverband BDKJ getragen. Sie organisiert das Bewerbungsverfahren, die Vermittlung sowie die Betreuung in den Einsatzstellen und veranstalten Bildungsseminare, die fest zum Programm FSJ oder BFD gehören. Einsatzstelle befinden sich im Gebiet von Wagerooge bis zu den Dammer Bergen.
Wer nach dem Schulabschluss Orientierung sucht oder sinnvoll einige Monate oder ein ganzes Jahr überbrücken möchte, kann auch jetzt noch aus einer großen Bandbreite an Freiwilligendienst-Stellen auswählen. Freie Plätze gibt es zum Beispiel in Krankenhäusern und Fachkliniken, Senioreneinrichtungen, in Wohnheimen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung sowie in Kinder- und Jugendeinrichtungen. Auch für Interessierte, die älter sind als 27 Jahre, stehen noch Plätze zur Verfügung. Ein Einstieg ist in jedem Monat möglich. Alle Infos und Kontaktadressen für eine persönliche Beratung gibt’s unter www.kfwd.de.

Zum Bild: MdB Sylvia Breher im Gespräch mit Frank Tönnies (kfwd-Geschäftsführer), Dr. Gerhard Tepe (LCV), Andreas Wieborg (Caritas-Verein Altenoythe e.V., Mitglied im kfwd-Aufsichtsrat) und Stefan Riedmann (BDKJ)